Die Tour de Pflege 2024 ist im Tag vier angekommen. Aktion acht von insgesamt elf im vierten Bundesland – Bayern.
Die Tour de Pflege – ohne Grenzen, ist im Bundesland Bayern angekommen. Die fast 20 Kolleginnen und Kollegen des Klinikums Aschaffenburg-Alzenau empfingen die Radfahrer*innen auf ihrem Klinikgelände mit einem tollen Stand der Gewerkschaft ver.di zentral vor dem Haupteingang gelegen und gutem Kaffee. Den brauchten die Tourteilnehmenden auch. Am Morgen war der Tross von Darmstadt aus aufgebrochen und meisterte, mit viel guter Laune und einem erneuten Regenschauen unterwegs, den Berg auf dem die Klinik mit wunderschönem Ausblick liegt.
Gefreut hat das Bündnis, dass sichtbar Kolleginnen und Kollegen aus den verschiedensten Bereichen an der Aktion teilnahmen. Physiotherapeutinnen, Medizinisch Technische Assistentinnen, Pflegekräfte und der Geschäftsvorstand waren vor Ort und nicht verlegen, für einen interessierten Austausch Rede und Antwort zu stehen. Auf dem Weg durch vier Bundesländer über verschiedenste Kliniken, sammeln sich Fragen an und Vergleiche werden automatisch gestellt. Denn eines steht fest, wir unterliegen alle den Bestimmungen des Bundes. Das eint uns. Nur die Frage nach der tatsächlichen Umsetzung gesetzlicher Vorgaben lässt Spielraum.
Und in dieses gefährliche Spielfeld scheint sich die Geschäftsführung der Klinik Aschaffenburg-Alzenau nun zu begeben. Die Bündnisteilnehmenden erfuhren, dass am Tag zuvor gegen Abend die Nachricht raus ging über den Ausstieg des Arbeitgebers aus dem kommunalen Arbeitgeberverband. Was nun kommen und werden soll, war offengelassen worden. Die Sorge und Belastung darüber stand einzelnen Kolleginnen ins Gesicht geschrieben, die am Stand ihrer Gewerkschaft die Vertrauensleute aufsuchten, um Fragen zu stellen. Der Gesprächsbedarf war verständlicherweise groß. „Wenn es hier keinen Tarifvertrag mehr gibt, verlasse ich die Klinik,“ stand für eine Kollegin fest. Es sind ganz klar Perspektiven, die die Beschäftigten im Gesundheitswesen dringend brauchen.
Stefan Kimmel, Gewerkschaftssekretär vor Ort, wußte in seiner Ansprache innerhalb der Aktion zu berichten, dass der Arbeitgeber als Grund für den Ausstieg angegeben hätte, „dass man dem Arbeitsmarkt gerecht werden müsse“. Dies bestätigte der anwesende Vorstand der Klinik auch und gab an, manche Berufsgruppen, die insgesamt noch neu in der Entwicklung seien, wie zum Beispiel die Akademisierte Pflege, im Entgelt nur individuell abbilden könnten. Hier wurde die These aufgestellt, es bräuchte mehr Freiheiten selbst Entscheidungen treffen zu dürfen zum Wohle des Hauses. Was das in der Konsequenz für die Beschäftigten bedeuten könnte, sprach Kimmel aus. Diese Entscheidung sei ein absolutes Eigentor und nicht der Weg, den es eigentlich bräuchte neue Kolleg*innen für das Haus zu gewinnen. Gehaltseinsparungen bei Berufsgruppen, wo kein Mangel an Personal herrscht, wäre absolut unsozial und nicht akzeptabel, denn wieder einmal würde es die Beschäftigten mit dem untersten Entgelt am ehesten treffen. Was für ein Glück, dass es per Gesetz hier zunächst einen sogenannten Bestandsschutz gibt.
Hier in Aschaffenburg heißt es nun für die Beschäftigten im Haus, sich mit ihrer Gewerkschaft ver.di zu organisieren und zusammen zu stehen.
Für die Teilnehmer*innen der Tour de Pflege war die Entscheidung der Arbeitgeber in Aschaffenburg im Zusammenhang mit den Themen, denen sie während der letzten drei Tage begegnen durften, hart zu tragen. Servicekräfte in Mannheim, die einen Tarifvertrag verhandelt bekommen wollen, Uniklinika in Baden-Württemberg, die Streiken um Inhalte ihres Tarifvertrages neu zu verhandeln mit der Forderung u.a. nach mehr gesundem Arbeiten zu entsprechen. Das sind Themen, die Beschäftigte am Haus halten. Es sind die Arbeitsbedingungen vor Ort im Schutze eines Tarifvertrages.
So bleibt es spannend auf der bayrischen Seite. Das Bündnis PFAUSTA bleibt hier in Kontakt mit den Kolleginnen und Kollegen, um zu hören, was das große Schild bereits thematisiert den Berg rauf kurz vor der Klinik: Mission Zukunft.
Das Bündnis Pflege.Auf.Stand aus Rheinland-Pfalz hatte auch am vierten Tag seiner Tour ein Tagesthema. Rebecca Ruppert, selbst bei der Partei DieLinken aktiv im Landesvorstand und ebenfalls eine der Radlerinnen für die gesamte Woche, sprach in diese Stimmung hinein ein sehr wichtiges Thema an und nannte es passend: „Aktivismus und Politik“. Eine Einladung Betrieb und Gewerkschaft zusammen zu führen um in der Kombination wirken und Entscheidendes mitbewirken zu können. „Es ist gut zu demonstrieren und von der Politik Dinge einzufordern, aber man kann auch in Parteien reingehen, selbst wenn man wenig Zeit hat. Man kann dort gemeinsame Forderungen aufstellen. Schaut es euch einfach mal an, einfach googlen.“ Hinsichtlich der vergangenen Wahlergebinsse ist in Rupperts Aufruf aktiv zu werden viel Wahrheit enthalten. „Wenn nur 3 % der Bevölkerung in Parteien organisiert ist, dann muss man sich nicht wundern, dass nicht die Interessen der Mehrheit stark vertreten sind.“
Gegen Ende der Aktion mit kritischen und auch motivierenden Beiträgen und Gesprächen schnappten die Radler*innen einen spontanen Sonnenmoment auf und tatsächlich kam doch mal der Sonnenschutz zum Einsatz.
Mit flott rollenden Rädern bergab machte sich die Tour de Pflege auf den Weg zum nächsten Klinikum in Hanau. Aber nicht ohne das Banner der Woche in der Klinikeinfahrt noch ausreichend zu würdigen. Die PPR 2.0 – seit genau dieser Woche endlich geltend gemacht. Und wer jetzt noch behauptet, es wäre zu viel Arbeit herauszufinden, wie viele Pflegekräfte es denn braucht, um Patient*innen bedarfsgerecht zu pflegen und zu versorgen, der hat einfach seine Hausaufgaben nicht gemacht. Alles Neue ist eine Gewohnheitssache. Viel Dokumentation ist auch nicht mehr zeitgemäß. Aber eine Pflegepersonalbedarfsberechnung für alle einheitlich, ist längst überfällig und wird den steigenden Bedarf an Pflegefachpersonal wissenschaftlich basiert anzeigen. Hier braucht es ein Umdenken und schaffen neuer Konzepte. Es herrscht ein Arbeitskräftemangel in allen Bereichen, weil hier verpasst wurde frühzeitig zu investieren auch um dem demografischen Wandel und der zunehmenden Komplexität der Erkrankung des Menschen zu entsprechen. So heißt es jetzt handeln, jetzt investieren in eine bedarfsgerechte Finanzierung der Krankenhäuser sowie die Abschaffung der DRG-Abrechnung.
Gute Arbeitsbedingungen mittels neuer Konzepte und Tarifverträge schafft Perspektive, schafft sichere Arbeitsplätze und schafft Leiharbeit ab.
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